Gemälderaub im Gymnasium Seligenthal
von Marie-Sophie K.
Es ist Mittwochnachmittag an einem ganz normalen Schultag und alle Schüler der Klasse 7b des Gymnasiums Seligenthal warten darauf, dass es gongt. Nur Lucy und Ben nicht. Sie sind beide 14 Jahre alt und kennen sich schon seit der Grundschule. Das Klima in ihrer Klasse ist nicht sehr gut. Ben und Lucy sind die Außenseiter und das genaue Gegenteil der „Coolen Teenies“! Dies sind die Coolen in der Klasse, doch an diesem Mittwoch haben sie ausgerechnet Ben und Lucy gefragt, ob sie mit ihnen abhängen wollen. Natürlich waren die beiden einverstanden, denn wer will schon ein Außenseiter sein! Das Problem war dabei nur, dass sie vorher eine Mutprobe bestehen müssen. Heute Nacht sollen sie die kostbaren Gemälde in der Schule mit Filzstift bemalen. Wenn sie es nicht schaffen, werden sie nicht in die Clique aufgenommen. Damit sich die Eltern von Lucy und Ben keine Sorgen machen, haben sie erzählt, dass Lucy bei Ben übernachtet und Ben bei Lucy.
Jetzt ist es 16.30 Uhr, die letzte Stunde ist zu Ende und alle gehen nach Hause, alle außer Ben und Lucy. Sie warten, bis die Schule zugesperrt wird und sie aus ihrem Versteck hervorkriechen können. Um die lange Wartezeit bis zum Abend, wenn es dunkel wird, zu überbrücken, beschließen sie, in die Bücherei von Frau Saxl, der Deutschlehrerin, zu gehen. Sie machen dort ihre Hausaufgaben und lesen spannende Bücher.
Endlich ist es dunkel und auch in den letzten Nachbarhäusern gehen die Lichter aus. „Ben, hast du keine Taschenlampe dabei?“, flüstert Lucy. „Nein, aber im Biologiesaal sind welche! Die haben wir doch vor kurzem bei einem Experiment benutzt“, beruhigt Ben sie. „Ja, stimmt. Komm, lass uns sie schnell holen! Ich will, dass wir es hinter uns bringen!“, antwortet Lucy. Langsam tasten sie sich durch die Dunkelheit voran. Plötzlich erschrecken sie. Im Schein des Vollmondes konnte man im Biologiesaal eine Person erkennen. Lucy klammert sich fest an Ben, der leicht zittert. Nach ein paar Minuten reglosem Stillstehens fängt Ben an zu glucksen: „Ach Lucy, das ist nur der Herbert – das Skelett.“ „Oh Mann, sind wir doof!“, lacht Lucy. Erleichtert nehmen sie sich die Taschenlampen und gehen in den vierten Stock auf den Dachboden, wo es die stickigsten Klassenzimmer gibt. Die schnellen Lichtkegel der Taschenlampen zucken über die teuren Gemälde. Und die sollen sie jetzt bemalen? „Du Ben?“ Lucy zupft ihn am Ärmel. „Ich finde es nicht richtig, dass wir jetzt die Gemälde beschmieren. Wenn das jemand herausfindet, dann sind wir dran!“ „Ja, du hast Recht, aber denk mal daran – wir würden zu den Coolen gehören! Wir werden nicht als Streber bezeichnet und werden nie wieder gemobbt!“ „Ich verstehe dich, Ben, aber ich mach das nicht mit! Mach es meinetwegen selber!“ „Ja, mache ich!“, sagt Ben und holt den Filzstift aus der Hosentasche, als sie plötzlich ein Geräusch hören! „Was war das?“, fragt Lucy mit leiser Stimme. „Das klang nach einem Auto!“, meint Ben. Sie machen die Taschenlampen aus und schleichen zum Fenster. Von dort aus kann man den schönen, alten Vorplatz der Schule sehen. Sie öffnen leise das Fenster und hören, wie die Autotüren eines schwarzen Vans zuklappen. „Was wollen die um diese Uhrzeit in der Schule?“, fragt Lucy Ben. „Keine Ahnung, Lucy! Das dürfen sie eigentlich nicht!“ „Komm, wir gehen runter! Aber vorsichtig, denn ich habe so ein ungutes Gefühl bei der ganzen Sache!“ Sie tasten sich mit einiger Mühe die Treppen runter ins Erdgeschoss. Die Taschenlampen lassen sie zur Sicherheit lieber aus.
Unten angekommen bemerken sie, wie jemand versucht die Schule aufzusperren. Eine Minute später hören die Freunde, wie sich drei Männer miteinander unterhalten. „Beeilt euch, ihr Deppen! Ich habe nicht ewig Zeit! Also nochmal: Ihr bringt mir jetzt die Gemälde, die auf der Liste stehen. Wehe ihr Idioten lasst sie fallen!!!!!! DIE SIND BESONDERS WERTVOLL!“, schreit ein kräftiger Mensch zwei drahtige Typen an. Kleinlaut gehen sie die Stufen nach oben in den ersten Stock. Die beiden Freunde verstecken sich schnell unter der Treppe, um nicht entdeckt zu werden. „Ben, ich habe Angst. Was wollen die hier?“ „Ich glaube, dass sie gerade die wertvollen Gemälde des berühmten Künstlers Mario Luigi stehlen!“ „Stimmt, du könntest Recht haben! Irgendwie kommt mir der Dicke bekannt vor!“ „Mir auch! Sei leise! Die Dünnen kommen mit den Gemälden zurück!“ Stöhnend tragen die Männer die Kunstwerke ins Auto. „Es geht doch, ihr Schwachköpfe! Jetzt fahren wir zu mir nach Hause und laden das Zeug ab!“, befiehlt der Dicke.
„Ben, sollen wir ihnen mit dem Fahrrad folgen? Vielleicht ist es nicht weit von hier“, fragt Lucy leise. „Ja, meinetwegen, aber wir rufen dort sofort die Polizei!“, wendet Ben ein. „Ja. Ok!“ Die verunsicherten Jugendlichen warten, bis die Männer mit dem Auto davonfahren und radeln dann mit den Fahrrädern hinterher. Nach ca. zehn Minuten bleibt der Wagen 20 Meter von den Kindern entfernt stehen. Man kann nur noch die roten Rücklichter sehen. Schnell verstecken sie ihre Fahrräder im Straßengraben und schleichen die restlichen Meter zum Haus. Durch die Hecke können sie sehen, wie die Gangster die Gemälde in die Garage tragen. Lucys Bein schläft ein, deshalb stellt sie sich auf das andere Bein und tritt dabei aus Versehen auf einen trockenen Ast. Er zerbricht laut. Die Beiden ducken sich schnell, um nicht entdeckt zu werden. Der Dicke dreht sich auch sofort um und da können die Kinder sehen, dass es sich um ihren Geschichtslehrer handelt. Er schöpft weiter keinen Verdacht und geht ins Haus hinein, ohne sich noch einmal umzudrehen! Lucy und Ben atmen erleichtert auf. „Hast du ihn erkannt, Ben? Es war Herr Berger!“ „Ja. Aber ich rufe jetzt endlich die Polizei!“
TUT…….TUT………TUT! „Wachmeister Miller, was kann ich für Sie tun?“, ertönt es aus dem Hörer. Ben antwortet: „Guten Abend. Ich bin Ben Dahn. Ich und meine Freundin Lucy Klein haben einen Gemälderaub in unserer Schule beobachtet und wir wissen auch die Adresse vom Kopf der Verbrecherbande. Der Mann heißt Stefan Berger, wohnt in der Adenauerstr. 11 in Buch am Erlbach.“ „Vielen Dank, Junge. Der Mann ist ein gesuchter Verbrecher! Ich schicke euch sofort eine Streife.“ Keine fünf Minuten später steht die Polizei vor der Haustür und verhaftet die Gangster. Ben und Lucy kommen mit auf die Polizeistation zur Befragung. Ben hatte zufällig alles mit dem Handy aufgenommen, was Herr Berger und seine Komplizen gesagt hatten. Als sie endlich von ihren Eltern nach Hause gefahren werden, überkommt die Kinder die Müdigkeit. Die Medien berichten am nächsten Tag über die mutige und heldenhafte Tat der zwei Jugendlichen. Seitdem sind Lucy und Ben die coolsten Kids in ihrer Klasse! Weil sie in Zukunft öfter Verbrecher bei ihren Machenschaften entlarven wollen, haben sie ein Detektivbüro eröffnet – mit dem Namen: Lucy & Ben lösen jeden Fall! Detektivbüro!
Der hier veröffentlichte Originaltext von Marie-Sophie K. “Gemälderaub im Gymnasium Seligenthal” erscheint in einfacherer Sprache auch in der Printausgabe vom August 2021 auf der Kinder- und Jugendseite (Seite 9) von ArrivalNews und wurde von Jutta Fegert illustriert. Der gekürzte Text ist auf https://www.arrivalnews.de verfügbar.