Autorin: Laura B., 11 Jahre (Alter zum Zeitpunkt der Texterstellung)
Dieser Text entstand in der Krimi-Schreibwerkstatt 2021 am Gymnasium Seligenthal Landshut unter der fachlichen Leitung von Gitta Gritzmann (Kinder lesen und schreiben für Kinder e.V.).
Lauras Text erscheint dieses Jahr im Rahmen des Kinder-Kultur-Sommers 2021 unter kiks-festival.online und wurde hierfür extra neu vertont (siehe unten).
Der rote Rubin: Sergeant McHouseys Fall
„Weg! Weg! Er ist weg! Er wurde gestohlen!“, schrie der Leiter des Regensburger Museums, Gerhard Brunner, erschrocken. Er hatte seinen morgendlichen Rundgang durch das Museum gemacht, als er entsetzt entdeckte, dass die Vitrine des wertvollen und sehr alten, roten Rubins leer und zerbrochen auf dem Boden lag. Sofort rief Herr Brunner die Polizei an. Kurze Zeit später hielt schon ein Streifenwagen vor dem Gebäude. Der besorgte Museumsleiter wartete aufgeregt vor dem Eingang. Ein großer, schlanker Mann mit leuchtend grünen Augen, einer Brille, einem grauen Filzhut und einem braunen Mantel stieg aus dem Polizeiauto. Es war der bekannte Sergeant Liam McHousey. Er war Schotte, lebte aber seit einigen Jahren in Regensburg. McHousey war nach Deutschland gezogen, weil viele Verwandte und Bekannte von ihm hier wohnten. „Guten Morgen!“, grüßte der Sergeant. Er sprach ohne Akzent. „Guten Morgen! Ich bin so froh, dass Sie da sind, Herr… ähm… Wie ist Ihr Name?“, sagte der rundliche Herr Brunner und kratzte sich am kahlen Kopf. „Sergeant Liam McHousey“, antwortete der Sergeant und reichte dem Museumsleiter seine rechte Hand. „Ah, von Ihnen habe ich schon gehört! Ich bin Gerhard Brunner, Leiter des Museums.“ „Sehr erfreut. Nun kommen wir zum Fall. Was ist also passiert?“ „Der rote Rubin wurde gestohlen! Bitte finden Sie den Dieb! Bitte, ich…“ „Beruhigen Sie sich bitte und reden Sie etwas langsamer! Erklären Sie mir alles ganz genau und nacheinander“ „Nun, okay. Ich… ich beruhige mich. So, dann erzähle ich Ihnen jetzt alles von Anfang an: Also, ich machte wie jeden Morgen einen Rundgang durch das Museum. Alles schien in bester Ordnung zu sein. Dann ging ich in den Raum, in dem der rote Rubin ausgestellt ist, doch er war nicht mehr da! Nur seine Vitrine lag zerbrochen auf dem Boden!“ „Hmmm…“, murmelte der Sergeant. „Der Diebstahl muss also nachts stattgefunden haben. Waren in der Nacht denn alle Fenster und Türen verschlossen?“ „Ja… äh… nein!“, der Museumsleiter schlug sich mit der rechten Hand gegen die Stirn. „Oh nein! Ich habe abends vergessen die Hintertür abzuschließen!“, jammerte Brunner. „Das war sehr leichtsinnig von Ihnen! So war es für den Dieb ein Kinderspiel“, meinte McHousey. „Ich weiß, es ist alles meine Schuld! Ich war so… so dumm! Ich hätte schlauer sein sollen! Ich…“ „Nun reißen Sie sich zusammen! Ich bitte Sie, mein Herr! Man kann das Geschehene nicht mehr rückgängig machen!“ „Oh ja, natürlich! Sie haben völlig Recht! Entschuldigen Sie bitte! Aber natürlich, Sie haben so recht, oh ja.“ Mc Housey seufzte. Sein neuer Klient war ziemlich schwierig. „Sei´s, wie´s sei. Könnten Sie mich nun in den Raum mit der Vitrine führen, bitte?“ „Ja, selbstverständlich!“ Herr Brunner brachte den Sergeant zum Tatort. McHousey betrachtete den Raum genau. Es lagen überall auf dem Boden verteilt Glasscherben der kaputten Vitrine und inmitten der Splitter lag ein großer Stein. An einem Glasstück klebte etwas Blut. „An dieser Scherbe hat sich der Dieb wohl geschnitten“, überlegte Mc Housey, „und der Stein wurde zum Zerschlagen der Vitrine benutzt.“ „Der Stein muss untersucht werden, auf ihm müssten Fingerabdrücke sein“, verkündete der Sergeant. Er steckte den Stein mit gummibehandschuhten Händen in einen Plastikbeutel, den er in seiner Manteltasche hatte. Danach steckte McHousey den Beutel wieder zurück. „Das Blut wäre vielleicht auch hilfreich.“ „Blut!?“, schrie Brunner entsetzt. „Der Täter hat sich anscheinend am Glas geschnitten und Blut auf dieser Scherbe hinterlassen“, klärte der Sergeant ihn auf. Er zeigte Brunner das Glasstück und steckte es schließlich in eine zweite Tüte. „Hmmm… Mehr finde ich nicht. Was soll´s. Also kam Ihnen gestern ein Besucher verdächtig vor?“, fragte der Sergeant. „Mir? Ich war den ganzen Tag in meinem Büro! Da müssen sie das Personal befragen.“ „Und wer gehört zum Personal?“ „Nun, Sie könnten die Reinigungskraft Melissa Riebemann fragen, warten Sie hier, ich hole sie schnell!“ Der Leiter des Museums verschwand und kam nach ein paar Minuten mit einer älteren Frau mit grauen Locken wieder. Sie war stark geschminkt und sah ziemlich mürrisch aus. „Sie sind Melissa Riebemann?“, fragte der Sergeant. Die Frau nickte. „Ich bin Sergeant McHousey und ermittle hier, denn der Rubin wurde gestohlen. Ist Ihnen ein Besucher gestern verdächtig vorgekommen?“ „Tja… nun, da war diese Frau. Sie stand eine Ewigkeit vor dem Rubin, dann klingelte ihr Handy und sie ging endlich, doch bald kam sie wieder und machte Fotos vom Rubin! Ich sagte ihr, dass das Fotografieren hier im Museum verboten ist. Sofort rannte sie davon! Eine Unverschämtheit!“ „Ah ja, interessant. Wie sah die Frau aus?“ „Sie hatte schreckliches Haar! Es war grün und sie hatte viele Tatoos! Einfach scheußlich!“ McHousey notierte sich alles auf einem Notizblock. „Danke für die Informationen. Ist noch was geschehen, das ungewöhnlich war?“, wollte der Sergeant wissen. „Nein, ansonsten war alles normal. Darf ich nun endlich gehen?“ „Ja, Sie dürfen nun gehen“, sagte McHousey und sah der davonmarschierenden schlecht gelaunten Melissa Riebemann nach. „Also eine Sache würde ich nun gerne noch tun“, der Sergeant wandte sich wieder an Herrn Brunner, „die Überwachungskameras überprüfen.“ „Ähm, wir haben keine“, sagte Brunner. „Wieso nicht?“, fragte McHousey völlig verdutzt. „Das Museum ist schlecht besucht, leider. Deshalb können wir uns keine Überwachungskameras… lei… leisten.“ Gerhard Brunner sah beschämt zu Boden. „Der rote Rubin war eigentlich der Grund, weshalb wir überhaupt Besucher hatten, doch nun ist er weg. Deswegen bin ich so bestürzt“, flüsterte er. „Oh, ähm…“, stotterte McHousey. Er wusste nicht, was er dazu sagen sollte. „Ich werde versuchen, den Dieb und den Rubin zu finden. Ich werde nun gleich losfahren und den Stein und das Blut analysieren lassen“, sagte der Sergeant. „Gut, dann auf Wiedersehen“, verabschiedete sich Herr Brunner. „Ja, auf Wiedersehen! Ich halte Sie auf dem Laufenden, was den Fall betrifft.“ Dann setzte sich McHousey in den Polizeiwagen und fuhr davon.
Nach einigen Tagen stellte sich nach der Analyse von Stein und Blut heraus, dass keiner der mutmaßlichen Diamantendiebe in der Datenbank der Polizei der Täter war. Und über die grünhaarige, tätowierte Frau fand man auch nichts heraus.
Am Abend fuhr Sergeant McHousey schließlich nach Hause. Als er am Museum vorbeikam, sah er vor dem Eingang zwei dunkle Gestalten. Versteckt hinter einem Baum parkte McHousey und stieg leise und sehr vorsichtig aus seinem Auto. Er beobachtete die zwei verdächtigen Personen hinter einem Busch, der nahe am Museum stand. Es waren zwei Männer, ein dicker und ein dünner. Sie trugen dunkle Mäntel, Sonnenbrillen und schwarze Wollmützen. Der Dicke hatte einen Stoffbeutel in der Hand. Sergeant McHousey lauschte ihrer Unterhaltung. „´ast du die Rubin?“, sagte der Dünne mit französischem Akzent. „Ja, hab ich. Aber zuerst will ich dein Geld!“, sagte der Dicke mit einer Stimme, die McHousey irgendwie bekannt vorkam. „Ja, ´ier deine Geld! Jetzt gib mir endliesch die Rubin!“ Der Dünne drückte dem Dicken einen großen Stapel Geldscheine in die rechte Hand. Gerade wollte der Dicke dem Dünnen den Stoffbeutel geben, doch da sprang McHousey aus seinem Versteck hervor und rief: „Sie sind verhaftet!“ Doch die Männer liefen sofort davon. Schnell rannte McHousey zu seinem Auto, stieg ein und verfolgte die beiden Diebe. Er alarmierte auch die anderen Polizisten und an der nächsten Kreuzung waren die Verbrecher von Polizeiwägen mit Blaulichtern und Sirenen umzingelt. Es gab kein Entkommen mehr. Sergeant McHousey stieg aus, ging zu den Gesetzesbrechern und sagte: „So, so, Gerhard Brunner, Sie waren das!“ Er blickte zu dem Dicken, dieser erwiderte: „Ich bin nicht Gerhard Brunner!“ „Doch, der sind Sie“, meinte der Sergeant und zog dem Dicken die Sonnenbrille weg und es war… tatsächlich Gerhard Brunner!
„Festnehmen!“, schrie der Sergeant. Sofort legten die anderen Polizisten den beiden Handschellen an. Der Dünne schrie: „Warum nehmen Sie auch misch fest! Isch ´abe doch nischts gemacht!“ Und Gerhard Brunner fragte verwirrt: „Woher wussten Sie, dass ich es war, McHousey?“ „Ach, das war ganz einfach! Sie sagten, das Museum sei schlecht besucht und Sie brauchten Geld. Und den Rubin zu stehlen und zu verkaufen war eine gute Möglichkeit, um die finanzielle Situation zu verbessern. Eine clevere Idee, aber nicht clever genug! Und gerade fällt mir auf, dass sie ein Pflaster am linken Unterarm haben. Das beweist, dass Sie sich am Glas der Vitrine geschnitten haben!“ McHousey nahm schließlich Brunner den Rubin und das Geld ab und fuhr die beiden Gauner zur Polizeiwache.
Bald landeten Brunner und der Franzose, der, wie sich herausstellte, ein Diamantenschmuggler war, vor Gericht und kurze Zeit später fanden sich die zwei im Gefängnis wieder.
McHousey war stolz darauf, wieder für Gerechtigkeit gesorgt zu haben. Er hatte einen weiteren Fall gelöst und der nächste wartete bestimmt schon auf ihn…
ENDE
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Lauras Text “Platon und ich” wurde von dem Schauspieler und Moderator Alexander Nadler eingesprochen.